Sparkassen rüsten im Kampf gegen Cyberbetrüger auf – und setzen auf KI
Die Institute gehen mit neuer Technik in die Offensive. Sie soll Geldwäsche stoppen und Echtzeitzahlungen sichern. Doch die KI-Vision des IT-Chefs reicht weit darüber hinaus.

Die Bedrohung wächst – und wird raffinierter. Cyberkriminelle nutzen KI, um täuschend echte E-Mails oder SMS zu erzeugen, Stimmen zu fälschen und Transaktionen zu manipulieren. Auch die Sparkassen geraten zunehmend ins Visier. Ihre Antwort: Sie investieren gezielt in Cybersicherheit und neue KI-Systeme. In einem „Cyber Defence Center“ überwacht die Finanz Informatik rund um die Uhr alle Server, Arbeitsplätze und E-Mails. „Die Bedrohungslage wächst – deshalb wollen wir das Team deutlich aufstocken und neue Technologien einsetzen“, sagt Andreas Schelling, Chef der IT-Gesellschaft der Sparkassen. „Dafür erhöhen wir unser Budget.“
KI prüft Milliarden von Transaktionen
„Ohne eigene KI hätten wir kaum Chancen, unsere Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitenden wirksam zu schützen.“ Die Finanz Informatik setzt KI zum Beispiel ein, um auffällige Zahlungen zu identifizieren. „Unsere KI-Lösung ‚KIWI‘ hat im vergangenen Jahr über 3 Milliarden Überweisungen analysiert und verdächtige Fälle zuverlässig herausgefiltert.“ Eine besondere Herausforderung sind hierbei Echtzeitzahlungen, die innerhalb weniger Sekunden beim Empfänger ankommen. Im Unterschied zu klassischen Überweisungen, die oft einen Banktag dauern, sind Echtzeitzahlungen sofort unwiderruflich. Das macht sie praktisch, aber auch anfällig für Betrugsversuche. Seit Kurzem setzen die Sparkassen die Lösung auch ein, um diese besonders sensiblen Transaktionen zu schützen.
Auch im Kampf gegen Geldwäsche setzen die Sparkassen verstärkt auf KI. „Im Sommer bringen wir eine KI-Lösung, die bei Geldwäscheverdacht automatisch alle erforderlichen Unterlagen und Nachweise zusammenstellt.“ Das soll Sicherheit im aufsichtsrechtlichen Prozess schaffen und die Mitarbeitenden entlasten.
Größter Hebel für KI im Kundenservice
Doch KI soll die Sparkassen nicht nur besser schützen und entlasten, sondern auch verbessern – vor allem im Kundenservice und in der Beratung. „Der größte Hebel für KI liegt im Kundenservice – etwa bei Karten-Sperrungen, Passwort-Rücksetzungen oder App-Fragen“, meint Schelling. Auch in der Vorbereitung und Nachbereitung von Beratungsgesprächen bringe KI Vorteile.
Ein Beispiel: Beim telefonischen Verkauf von Wertpapieren müssen Banken nachweisen, dass alle regulatorischen Vorgaben eingehalten wurden. Bisher hörte dafür ein zweiter Mitarbeiter die aufgezeichneten Gespräche ab. Jetzt prüft die KI anhand einer Checkliste, ob alle Anforderungen erfüllt sind. Auch in der Baufinanzierung setzen die Sparkassen künftig auf KI. Eine neue Anwendung soll erkennen, welche Unterlagen noch fehlen, wenn ein Kunde seinen Antrag digital einreicht. Die KI extrahiert die Daten und bereitet sie für die Kreditentscheidung auf.
KI-Assistent als intelligentes Backoffice
Bis Ende des Jahres soll außerdem der 2024 gestartete KI-Assistent SKI-Pilot auf 200.000 Arbeitsplätzen in den Sparkassen verfügbar sein. Er unterstützt bei Recherche, Textbearbeitung, Übersetzung und bald auch direkt in Outlook. Erstmals kann der SKI-Pilot auch direkt auf das Kernbanksystem zugreifen, was Schelling als echten Durchbruch sieht. „Jetzt können Berater Kundendaten effizient zusammenführen und Gespräche zu Baufinanzierung, Wertpapieren oder Umschuldung gezielt vorbereiten, ohne dass die Kundendaten dafür unser Rechenzentrum verlassen.“ Schellings Vorstellungen für den SKI-Piloten gehen weit über einzelne Funktionen hinaus. „Unsere Vision ist ein SKI-Pilot, der als intelligentes Backoffice agiert.“ Ziel sei, dass der KI-Assistent erkennt, was der Kunde braucht, Prozesse automatisch anstößt und den Berater von Routineaufgaben entlastet. So soll mehr Zeit für das Wesentliche bleiben: persönliche Beratung.