Wie ein Vorstand und ein Top-Geheimdienstler die Bundesbank ins Bau-Fiasko stürzten
Die Bundesbank plante Großes – und verlor die Kontrolle über den Bau ihrer Zentrale. Insider schildern Probleme, die lange niemand hören wollte. Ein Report.

Wer groß baut, muss viel rechnen – sollte man meinen. Doch als Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann die Pläne für die Sanierung der Zentrale vorstellt, die die Bundesbank Anfang 2016 ankündigte, setzt er andere Prioritäten: Er redet über Schadstoffe im Beton, den Goldschatz der Bundesbank und die Ästhetik des brutalistischen Baustils. Aber über eines spricht er nicht: übers Geld. Einziger Hinweis: „Wir bauen hier keine Elbphilharmonie.“ Viereinhalb Jahre nach der Ankündigung schlägt Beermann auf einer Pressekonferenz im Deutschen Architekturmuseum größere Töne an: Er bezeichnet das Vorhaben als „Bau-Megaprojekt“, nennt es „in der Dimension relativ einmalig in Deutschland“. Und er bedankt sich bei den versammelten Journalisten, dass sie die Frage nach den Finanzen erst als zweites gestellt haben. „Darüber zu spekulieren, würde sie beschäftigen, aber uns keinen Nutzen bringen. Das kann man seriös nicht machen. Das haben wir auch noch nicht.“
Top-Geheimdienstler übernimmt das Projekt
Laut Beteiligten gab Beermann früh die Linie vor: keine Zahlen nennen – weder intern noch extern. Öffentliche Bauten würden ohnehin teurer als geplant. Also besser gar nicht beziffern. Beermann ließ einen Fragenkatalog von PLATOW zu den Vorwürfen unter Berufung auf die Schweigepflicht unbeantwortet. Nach Angaben der Bundesbank legte sie erst im Mai 2022 eine erste Kostenschätzung für das Projekt vor, sechseinhalb Jahre nach Ankündigung. Sie begründet dies mit Unsicherheiten etwa durch Corona, den russischen Angriffskrieg und den Denkmalschutz. Erst wenn es belastbare Planungsergebnisse gebe, sollten Zahlen genannt werden.
Dazu passt, dass Beermann 2018 einen Mann an die Spitze des Projekts setzte, der sich mit Verschwiegenheit auskennt: den früheren BND-Vizechef Guido Müller, für den die Bundesbank die Fragen von PLATOW teilweise beantwortete. Schon beim Geheimdienst galt Müller als umstritten – laut Spiegel führte er dort mit autoritärem Stil, ging ruppig mit Kritikern um und fiel durch auffällig hohe Spesenabrechnungen auf. Als Zentralbereichsleiter Bau direkt unter dem Vorstand sollte Müller gemeinsam mit Beermann eines der größten Hochbauprojekte Deutschlands stemmen: Die Notenbank plante, ihren Frankfurter Hauptsitz in einen Campus mit Bürogebäuden, Sportzentrum, Gastronomie-Pavillon und Kita zu verwandeln.
Rechnungshof beziffert Kosten 2022 auf 4,6 Mrd. Euro
Heute ist klar: Die Pläne sind gescheitert – die Kosten liefen aus dem Ruder. Fast zehn Jahre lang schwieg die Bundesbank zu den Kosten des Projekts. Erst als PLATOW im August einen zuvor geheimen Bericht des Bundesrechnungshofs veröffentlichte, wurde das Ausmaß des Bau-Fiaskos sichtbar: Die Prüfer bezifferten die möglichen Kosten Ende 2022 auf 4,6 Mrd. Euro. Die Bundesbank hat große Teile des Projekts bereits gestrichen – und stellt es nun komplett infrage. Bereits jetzt kostete das Vorhaben nach ihren Angaben 171 Mio. Euro. Wieviel davon in sinnlose Planung, Beratung und Projektaufträge floss, lässt sich laut Bundesbank nicht genau beziffern. Absehbar ist: Der potenzielle Schaden für die Steuerzahler geht in hohe Millionenhöhen – mindestens. Wie konnte es so weit kommen?
PLATOW hat mit zahlreichen Beteiligten gesprochen. Sie zeichnen ein klares Bild: Geheimhaltung als Prinzip, repressiver Führungsstil und mögliche Interessenkonflikte. Dazu ein Umfeld, in dem Warnungen über Jahre ignoriert wurden und Beermann und Müller weitgehend ungestört tun und lassen konnten, was sie wollten. Die geschilderten Missstände werfen die Frage auf, ob die Struktur der Bundesbank anfällig für Machtmissbrauch und Fehler ist. Besonders auffällig sind folgende Probleme:
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