Immobilien

Neue Bewertungswahrheit in Hamburg

Neuer Datenpunkt für den Verfall der Büroimmobilienpreise. Die Stadt Hamburg erwirbt die Ex-HSH-Zentrale für die Hälfte des Kaufpreises, den Signa gezahlt haben soll.

Eingang des HCOB Gebäudes
Eingang des HCOB Gebäudes © HCOB

Die Stadt Hamburg hat die ehemalige Zentrale der HSH Nordbank, die mittlerweile als Hamburg Commercial Bank (HCOB) firmiert, für ca. 112,5 Mio. Euro aus der Signa-Insolvenz gekauft, wie „Thomas Daily“ recherchierte. Der NDR nennt ungefähr 130 Mio. Euro inklusive Nebenkosten. Der Kaufpreis sei ungefähr die Hälfte dessen, was Signa für das ca. 35.000 qm große Gebäude vor vier Jahren an die HCOB bezahlt habe, so „Thomas Daily“. Damals plante die Bank, im Gegenzug in den neuen, heute insolventen „Elbtower“ von Signa zu ziehen. Bei Gegengeschäften sind traditionell die Zahlen nie auf die Goldwaage zu legen, dennoch ist davon auszugehen, dass alle Seiten bei „Elbtower“-Miete und Kaufpreis auf optimistisch erwartetem, aber nicht unrealistischem Marktniveau verhandelten. Mit Finanzmathematik, neuem Vermietungsrisiko und ESG-Herausforderungen haben sich viele prominente Immobilien im Preis halbiert.

Das wurde am Dienstag auch auf dem Real Estate Finance Day von Targa Communications deutlich. Alle Deals seit 2019 seien heute neben dem Markt. Berlin Hyp-Chef Sascha Klaus mahnte vor dem Hintergrund der Vielzahl von Developern in Deutschland eine Professionalisierung an, da das oft den Eindruck erweckt habe, das Projektentwicklungsgeschäft sei zum Hobby vermögender Privatleute geworden. Wenn Preisklarheit durch mehr Transaktionsdatenpunkte bestünde, würden auch Finanzierungen wieder darstellbar, so der Tenor der Finanzierungsexperten. Zwar werde eine große NPL-Welle nicht erwartet, jedoch habe die Betreuungsintensität vieler Kreditengagements deutlich zugenommen, so eine weitere Kernaussage.

PLATOW teilte hier im Background-Gespräch die Skepsis allerdings mit einigen älteren Marktteilnehmern, die zumindest die „tote Dekade“ der 90er-Jahre noch in Erinnerung haben. Viele Marktteilnehmer wüssten einfach nicht, was zumindest bei Büro als größter Assetklasse noch auf die Branche zukommen werde. In einer anonymen Teilnehmerbefragung sahen knapp ein Fünftel dementsprechend eine deutliche und größere als die derzeit erwartete NPL-Welle. Ein knappes Drittel ging von einer spürbaren NPL-Zunahme bei allerdings ausreichender Risikovorsorge der Banken aus. Der Rest sah keine Welle, sondern lediglich mögliche NPL-Einzelfälle bei Banken. Insgesamt werde ein großer Teil der Wertberichtigungen im Eigenkapital und nachrangigen Finanzierungen bzw. Mezzanine aufgefangen.

Zurück nach Hamburg. Die ehemalige HSH-Zentrale soll in ein „Haus der digitalen Welt“ umgewandelt werden. Die HCOB ist, wie schon länger bekannt, aus dem „Elbtower“-Mietvertrag ausgestiegen und sucht laut Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) einen neuen Standort. Nach alten PLATOW-Erfahrungen ist aber auch ein Aufwärmen der „Elbtower“-Idee auf Basis eines funktionsfähigen Konzeptes zur Fertigstellung nicht auszuschließen. Als Nutzungsmöglichkeiten werden die Unterbringung der Zentralbibliothek und der Volkshochschule, weitere Räumlichkeiten für Kultur und Bildung oder Ateliers, Digital Labs, Co-Working-Spaces, Studios und Aufenthaltsräume in Betracht gezogen. Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) betonte deshalb die Wichtigkeit dieses Kaufs als eine Art „Wohnzimmer der Stadt“ für die Entwicklung der Hamburger Innenstadt. Das dürfte sich aber bis in die 2030er-Jahre hinziehen. Die in dem Gebäude integrierte Einkaufspassage „Perle Hamburg“ wird weitergeführt. Die Mietverträge werden durch die städtische Objektgesellschaft übernommen.

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