Helvetia und Baloise – Fusion rüttelt am deutschen Standort

Die Schweizer Versicherungsgruppen Helvetia und Baloise schließen sich gleichberechtigt zusammen. Mit einem kombinierten Geschäftsvolumen von rd. 21,5 Mrd. Euro in acht europäischen Ländern entsteht die zweitgrößte Versicherungsgruppe der Schweiz und ein führender Versicherer in Europa. Der voraussichtliche Vollzug ist bereits für Q4 2025 geplant. Die Auswirkungen werden auch in Deutschland und am Finanzplatz Frankfurt spürbar sein. Sowohl auf Gruppenebene als auch in den Ländereinheiten wird mit Sparmaßnahmen und Entlassungen gerechnet. Das könnte für Unruhe bei den rund 2.300 Beschäftigten in Deutschland sorgen – Baloise: rd. 1.500 (Hauptsitz Bad Homburg), Helvetia: 880 (Sitz Frankfurt). Möglicherweise verliert der Finanzplatz Frankfurt gegenüber der Versicherungshochburg Köln weiter an Boden.
Die beiden deutschen Einheiten waren zuvor bereits in Verkaufsgerüchten aufgetaucht und PLATOW hörte, dass sich einige Mitarbeiter daraufhin zu Mitbewerbern umorientierten oder dieses planten. Die Gerüchte rund um Entlassungen im Zuge der Fusion werden kaum zur Beruhigung der Gemüter beitragen. Da hilft es wenig, wenn beide Häuser uns gegenüber beteuern, dass noch keine Entscheidungen hinsichtlich Struktur, Entlassungen oder Zu- und Verkäufen getroffen worden seien – weder auf Gruppen- noch auf Deutschland-Ebene.
Zumindest eine Entscheidung ist gefallen: Die neue deutsche Einheit wird vom bisherigen Baloise-Deutschlandchef Jürg Schiltknecht geführt, wie die Baloise erklärt. Damit ist die Zukunft von Volker Steck als CEO Helvetia Deutschland ungewiss. Schwer vorstellbar, dass er sich nach rund zehn Jahren an der Spitze langfristig mit einem Co-Posten unter Schiltknecht zufrieden gibt. Ein Abgang Stecks würde nicht überraschen, denn PLATOW hört, dass die Schweizer Gruppe mit der Entwicklung der deutschen Tochter in den letzten Jahren nicht zufrieden ist – wofür die Verkaufsgerüchte ein Indiz sind.
Schiltknecht und seinem noch zu bestimmenden Management-Team steht mit der Zusammenlegung der beiden Häuser eine Mammutaufgabe bevor. Ein Schweizer Marktinsider rechnet damit, dass beide Gruppen für die nächsten zwei Jahre „erst einmal gelähmt sein werden“, bis sie sich konsolidiert haben. Da der deutsche Markt zwar wichtig, aber nur einer von acht ist, dürfte das den Prozess verlangsamen. Ein Tempo wie beim Zusammenschluss zweier deutscher Versicherer zur BarmeniaGothaer ist nicht zu erwarten. Ein Vorteil für die Schweiz-Töchter: Bei Problemen mit der BaFin besteht ein direkter Draht. Die oberste Versicherungsaufseherin Julia Wiens kennt die Beteiligten – sie war bis Ende 2023 Baloise-Vorständin.