M&A – Warum Versicherungen Ladenhüter sind

Niemand will deutsche Versicherer kaufen. Das monierte der Versichererverband GDV kürzlich und führte starken Wettbewerb, hohe Regulatorik und das im Vergleich zu anderen Regionen schwache Wachstumspotenzial als Attraktivitätshemmer an. Zudem hat der Brexit britische Versicherer dazu gebracht, über andere Länder des europäischen Wirtschaftsraums zu operieren – wer auf dem europäischen Markt tätig sein möchte, muss eine Niederlassung in einem der 27 Länder haben. Alle diese Punkte haben dazu geführt, dass der Anteil ausländischer Erstversicherer in Deutschland seit Jahren sinkt, zeigen GDV-Zahlen.
Ein weiterer Punkt ist schlichtweg das mangelnde Interesse der Käufer. Die M&A-Aktivitäten in der globalen Versicherungsbranche haben 2024 mit nur 204 Transaktionen den niedrigsten Stand seit 16 Jahren erreicht. Das entspricht einem Rückgang von 48% im Vergleich zum Vorjahr, rechnet die Großkanzlei Clyde & Co in einem aktuellen Bericht vor. Neben den bereits genannten Gründen führt „Clyde“ auch die geopolitische Instabilität und die hohen Zinsen als Auslöser für das sinkende Interesse an. Für 2025 wird jedoch Erholung der M&A-Aktivitäten prognostiziert, vor allem aus den USA, wo Deregulierung und niedrigere Kapitalkosten erwartet werden.
Ein wesentlicher Aspekt, der weder beim GDV noch bei „Clyde“ auftaucht, ist die Spreizung des Marktes, insbesondere in Deutschland. Während die großen Versicherer ihr Geschäftsmodell bereits weitgehend auf den veränderten, stärker digital geprägten Markt umgestellt haben, steht dieser Schritt vielen kleineren und mittleren Häusern noch bevor. Ein potenzieller Käufer muss also den Kaufpreis plus Modernisierungskosten stemmen, um dann in einem hart umkämpften Markt mit Schwergewichten wie Allianz oder Talanx zu konkurrieren. Wohl deshalb scheuen selbst Giganten wie Alphabet bislang den lange prophezeiten Einstieg in die Versicherungswelt.