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Die EZB sollte Kritiker umarmen

Der aktuelle Streit bei der Notenbank wirft Fragen auf zum Umgang mit Kritik und internen Lernprozessen. Dabei gibt es vor allem eine Gefahr.

Jan Mallien,
Hauptsitz der EZB in Frankfurt
Hauptsitz der EZB in Frankfurt © CC0

Selten streiten die Spitzen von Behörden so heftig mit den Arbeitnehmervertretern, wie derzeit bei der EZB. Die Ursachen für die Konflikte liegen auch im Selbstverständnis der EZB und ihrem Umgang mit Kritik. Ihre Schöpfer wollten vor allem die Unabhängigkeit der EZB schützen, was geringe Rechenschaftspflichten zur Folge hatte. Weniger widmeten sie sich der Gefahr, dass die EZB schwere Fehler machen könnte durch die sie ihre Legitimität verliert. Auch wenn sie vieles richtig gemacht hat, passieren Fehler. Entscheidend ist, aus ihnen zu lernen. Dafür ist ein Umfeld wichtig, das Kritik fördert, auch wenn Kritiker natürlich nicht immer recht haben. Einige Beispiele werfen Zweifel auf, ob das geschieht.

So gab es in vielen Mitarbeiter-Umfragen des Betriebsrats Kritik an der Beförderungspolitik. Die EZB reagierte darauf mit eigenen Mitarbeiterbefragungen, die andere Schwerpunkte setzten. Dabei kam etwa heraus, dass viele Mitarbeiter stolz darauf sind, für die EZB zu arbeiten. Das klingt gut, hilft aber nicht, Probleme zu identifizieren. Auch aktuelle Vorschläge der EZB-Spitze, die Regeln für den Betriebsrat zu ändern, lösen die internen Probleme nicht. Anders als bei deutschen Behörden und Unternehmen hat der Betriebsrat der EZB keine geregelten Mitbestimmungsrechte, er muss lediglich bei bestimmten Themen konsultiert werden.

Das wichtigste Werkzeug, um Kritik zu äußern, ist oft der Gang an die Öffentlichkeit. Auch im Umgang mit Journalisten setzt die EZB-Regeln, die es ihr erlauben, kritischen Fragen auszuweichen. So entscheidet das EZB-Kommunikationsteam selbst, welche Journalisten in der Pressekonferenz von Christine Lagarde Fragen stellen dürfen. Sie orientiert sich an der Praxis börsennotierter Konzerne. Die Frage ist, ob dies für öffentliche Institutionen der richtige Maßstab ist. Bundespolitiker kommen für Auftritte in die Bundespressekonferenz. Dort sind die Hausherren Journalisten und nicht die Regierung oder Ministerien. Dadurch kommen auch Journalisten zu Wort, die für kritische Fragen bekannt sind, was bei der EZB nicht institutionell abgesichert ist.

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