Carsten Jung zeigt Mut und schwört aufs Regionale
Wer ist Berlins größter Arbeitgeber: Tesla, Siemens oder doch Mercedes? Es ist die Deutsche Bahn (rd. 27.000), gefolgt von Charité und dem Vivantes Netzwerk für Gesundheit. Ein Fingerzeig darauf, dass Berlin mit seinem Umland dienstleistungs- und nicht industriell geprägt ist.

Carsten Jung, Vorstandschef der Berliner Volksbank, die sich mit der Frankfurter Volksbank ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Nummer 1 in Deutschland liefert, hat sich entsprechend positioniert: „Die Globalisierung hat in vielen Bereichen ihr Top gesehen. Denken Sie an Abhängigkeiten durch lange Lieferketten, unzuverlässige Systeme und bisher sicher geglaubte Geschäftspartner“, sagt er im Gespräch mit PLATOW. Auch die Krisen der Vergangenheit hätten dazu geführt, „dass man enger zusammenrückt und Risiken reduzieren möchte“.
Damit das funktioniere, müsse „Regionalisierung mit einer intelligenten Kreislaufwirtschaft verbunden werden“. Manchmal gehe es dabei banal um bloße Verfügbarkeiten von Rohstoffen, Produkten oder Dienstleistungen, „was man so vor zehn Jahren in Deutschland noch nicht kannte“. Eine wirtschaftliche Situation, die wie zugeschnitten ist auf das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken. Da die Berliner Volksbank regional agiert und mit „fairen und wettbewerbsfähigen“ Konditionen auftritt, zeigt sich Jung sehr optimistisch, die richtige Aufstellung gefunden zu haben. In Branchen wie Handwerk, Bau- und Immobiliengewerbe, Erneuerbare Energien, Landwirtschaft, Transport und Logistik, Gesundheit und Bildung sowie Digital- und Kreativwirtschaft sei man „traditionell stark aufgestellt“ und sehe „Wachstumspotenziale“.
Allerdings sei die Wirtschaft in schweres Fahrwasser geraten. „Insolvenzen und Marktbereinigung gehen damit einher, gehören schlussendlich zum Wirtschaftskreislauf und damit auch zum Bankgeschäft“, analysiert Jung. Krisenfurcht oder abwartendes Zaudern ist ihm im Gespräch nicht anzumerken: Angst sei in der Bank- und Risikosteuerung kein guter Ratgeber. „Wir setzen auf Frühindikatoren im Rahmen unserer Portfolioüberwachung. Die sind belastbar und funktionieren gut.“