Der kräftige Anstieg der Inflation auf zuletzt 1,8% sowie die weitere Erholung der Konjunktur in der Euro-Zone sind Wasser auf die Mühlen der Kritiker von EZB-Präsident Mario Draghis Anleihekaufprogramm. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der als schärfster Widersacher Draghis im EZB-Rat gilt, nutzte denn auch seine Bilanz-PK (s. Seite 2), um in diese Kerbe zu schlagen. Die hochgeschnellte Teuerungsrate zeige eindeutig, so Weidmann, dass die Euro-Zone von einer Deflationsgefahr, mit der Draghi zumindest anfangs seine Anleihekäufe gerechtfertigt hatte, weit entfernt sei. Da auch die Märkte keine abermalige Verlängerung des Anleihekauf-Programms erwarten, sei es an der Zeit, die EZB-Kommunikation neu zu justieren, um die Finanzmarkt-Akteure frühzeitig auf den Einstieg in den Ausstieg der ultra-expansiven Geldpolitik einzustimmen.
Im Auge hat Weidmann dabei die bisherige Formulierung des EZB-Rats, dass die Geldpolitik notfalls noch expansiver ausgerichtet werden könnte. Diesen Passus will der Bundesbank-Chef möglichst bald streichen. Ähnlich äußerte sich kürzlich auch EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch. Doch was vordergründig wie eine minimale Frontbegradigung klingt, dürfte an den Finanzmärkten als Signal zur geldpolitischen Kehrtwende verstanden werden. Genau das will Weidmann mit seinem Vorstoß auch erreichen. Denn damit würde auch von Seiten der Märkte der Druck auf Draghi steigen, das Kaufprogramm auslaufen zu lassen.
Diesen Braten hat indes auch das Draghi-Lager gerochen. Der EZB-Lenker hatte denn auch bereits vorgebaut und auf den Basiseffekt bei der Inflation durch den gestiegenen Ölpreis hingewiesen. Beigesprungen ist Draghi jüngst der estnische Notenbank-Chef Ardo Hansson, der sich gegen einen überhasteten Ausstieg aus dem Kaufprogramm aussprach. Derzeit sei es noch zu früh, um festzustellen, dass die Inflation tatsächlich zurückgekehrt sei, so Hansson.